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Billard Karambol - Dreiband - Bert's column (NED)

Alte Schule – neue Welt. Wohl dem, der beides kennt!

Gepostet von am 18. Juni 2018

Alte Schule – neue Welt. Wohl dem, der beides kennt!

Kozoom

Kolumne von Bert van Manen

Übersetzt von Andreas Volbracht

Stell´ dir deinen Satz Schraubenschlüssel vor, mit dem du an deinem Auto arbeitest. Aber du hast nur die mit den ungeraden Nummern da: 9,11,13,15. Leider  sind bei dem ganzen Job nur die geraden gefragt: 8er, 12er, 14er. Dein Schwager wohnt gegenüber und du hörst ihn fluchen, während er an seinem Motorrad schraubt ... er hat die geraden, die dir fehlen und er brauchte deine. 

Wozu diese alberne Geschichte? Dreiband hat sich verändert, die Spieler werden immer stärker, die Schnitte klettern in die Höhe. Der moderne 1.50-Spieler kann nicht besser zielen als Raymond Ceulemans vor 30 Jahren, er hat auch keinen besseren Stoß oder eine überlegene Konzentrationsfähigkeit. Was diese Elemente unseres Spiels betrifft, ist der große alte Mann der Perfektion verdammt nahe gekommen. Was sich aber vor allem verändert und entwickelt hat, ist die Dessinwahl. Die Spieler haben heute bessere Werkzeuge und sie haben MEHR davon in ihren Werkzeugkisten. Die haben sogar Schlüssel zur Verfügung, wenn 12 zu groß und 13 zu klein ist.  

Viele Standardpositionen werden immer noch so gespielt, wie Kobayashi das 1985 gemacht hat oder Van Der Smissen im Jahr 1990. Aber es gibt diese "Zwischen"-Kategorie von Dessins, wo dir Lösung A nicht wirklich liegt und dir auch bei B unbehaglich zumute ist. Genau hier hat sich eine neue Art zu denken etabliert, meist unter dem dominierenden Einfluss von Blomdahl in den neunziger Jahren.

Bei problematischen Stellungen sind Dessins immer populärer geworden, die sich auf Flüssigkeit, Stoßqualität und Geschwindigkeit verlassen, wo die Defensive ignoriert wird und das Positionsspiel in den Hintergrund gerät. Der Alles-oder-Nichts Ball. Du willst raus aus der Misere, den Punkt machen, jedenfalls soll das gelegentlich klappen. Der "Alte-Schule"-Ball, bei dem voll auf Präzision und Tempokontrolle gesetzt wurde – Hauptsache: dicht!  - , hat an Terrain verloren.  

Es gibt eine Reihe von guten Gründen, sich für die Attacke, das Risiko, den schwierigen Ball entscheiden:

- Du kannst ihn machen.

- In 50% der Fälle, vorausgesetzt, du spielt 1.00 GD, oder in 60%, wenn du ein  1.5er bist, wird es auch mehr als ein Punkt. Zusätzliche Belohnung! 

- Wenn du auslässt, gibt´s vielleicht einen Defensivfuchs, die "Glücksverteidigung". Vermindert das Verlustrisiko!

- Und selbst wenn du eine gut machbare Stellung hinterlässt, könnte der Gegner den Punkt auslassen oder er macht gerade mal einen einzigen. 

Wenn die Investition relativ gering und die Belohnung potenziell groß ist, dann solltest du ein so kalkuliertes Risiko eingehen.  

Auf dem Weg von alter Schule in die neue Welt im Dreiband wird weniger Kurz-Lang-Kurz gespielt und mehr Lang-Kurz-Lang. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Top-Spieler spielen auch KLK außerordentlich gut, WENN SIE´S MÜSSEN, aber sie sind viel cleverer geworden, andere Wege zu finden, um KLK zu vermeiden. Das meinte ich in der Überschrift meiner Kolumne: wohl dem, der beides kann. Du willst modernes Dreiband spielen, aber wenn dir nichts anderes übrig bleibt als ein Alte-Schule-Dessin, dann sollst du das genauso gut beherrschen.  

Ich habe drei Beispiele, um die Entwicklung von der alten Schule zum modernen Spiel zu zeigen. Es geht hier nicht um: A ist falsch, B ist richtig. Es geht um Erfolgsquoten, um Prozentsätze. Bewege einen der drei Bälle um zwei Zentimeter, und diese Prozentsätze ändern sich dramatisch. Trainier beide und finde heraus, welche Lösung dir am besten liegt. Das kann von deinen spezifischen Qualitäten als Spieler abhängen, auch Tisch- und Tucheigenschaften können ins Kalkül eingehen, wenn du entscheidest, welche Variante du vorziehst. 

 

Dessin 1 / alte Schule

Jeder kennt es, keiner mag es: Ball 3 klebt an der langen Bande zwischen dem dritten und vierten  Diamanten. In dem Bereich des Tisches wird jeder Ball schwer. Soll man KLK spielen, dünn und ohne Effet? Ein wenig dicker und dafür mit etwas Gegeneffet? Leicht wird er in keinem Fall und bleibt anfällig für den jeweiligen Tischzustand.

Dessin 1 / neu

Merckx, Sánchez, das sind zwei von den Jungs, die hier wirklich Experten sind. Der Stoß ist fest, der Spielball darf nicht rollen, bevor er Ball 2 trifft. Kaum seitliches Effet, ein bisschen Zug. Wenn die ihn machen, sieht es selbstverständlich, natürlich aus. Aber glaubt mir, das geht nur mit viel, viel Übung.

Dessin 2 / alt  

Auch hier liegt das Problem in der Platzierung von Ball 3. Viel schlechter kann er nicht liegen, kaum eine Möglichkeit, Ball 3 groß zu machen oder eine Doppelchance zu finden. Beim Weg hier im Diagramm ist deine Treffe perfekt und die Erfolgsquote  ... sehr klein. 

 

Dessin 2 / neu

Auch hier dran ist nichts leicht. Der Spieler, der in den neunziger Jahren diese Sorte von Lösungen populär gemacht hat, war Dion Nelin, sogar Blomdahl hat einiges von dem hochtalentierten Dänen übernommen. Wenn du diese Variante übst, pass` auf, dass du Ball 2 nicht zu dick nimmst und kein übertriebenes Contreeffet gibst. Also: dünner, weniger, höher, als du denkst!

 

Dessin 3 / alt

Der Ball in den Korridor, keiner spielt ihn so traumhaft sicher wie Jaspers. Ein reiner Gefühlsball. Manchmal kannst ganz ohne Effet spielen, manchmal musst du deinem Ball eine Winzigkeit mitgeben, um ihn in der Spur zu halten. Da gibt´s kein System. Wühl´ dich durch die Fachliteratur, präg´ dir die Diagramme ein, mach´, was du willst. Nur in der realen Partie, da stehen die Bälle nie, wo sie in den Diagrammen standen. Da guckst du nun und bist allein, mein Freund.   

 

                              Dessin 3 / neu

Die Top-Spieler von heute haben herausgefunden, dass man einen Ball auf einer L / K / L-Linie extrem kurz machen kann, wenn man mit Zug aber wenig oder gar keinem Effet spielt. Es braucht Übung und einen sehr ergiebigen Stoß, damit - um den Konter zu vermeiden - Ball 2 relativ dünn getroffen werden kann und der Spielball trotzdem kurz genug bleibt. Warum spielen die das so? Der Spielball hat wenig Umkehreffet, wenn er aus der Ecke kommt, sodass er bei dieser Stellung nach L/K/L/L/K eine reelle Doppelchance hat.  

Was mich betrifft, hasse ich diesen Ball und vermeide ihn wie die Pest. Ein alter Knacker wie ich kann sich das leisten: alte Schule statt neuer Welt.     

 

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