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Billard Karambol - Dreiband - Bert's column (NED)

Cho – Sayginer, war das ein Rekord?

Gepostet von am 26. September 2019

Cho – Sayginer, war das ein Rekord?

Kozoom

Kolumne von Bert van Manen

Übersetzt von Andreas Volbracht

Vergessen wir für einen Moment die Weltklassespieler und denken an unser eigenes Spiel. Du machst wahrscheinlich keine Serien über 20, das bringt nur eine kleine Elite zustande. Wenn du gelegentlich 13 oder 14 machst, dann bist du ein wirklich sehr starker Spieler. Die meisten von uns in der  Dreibandgemeinde müssen sich mit fünf und sechs zufrieden geben, vielleicht gelingt auch mal eine neun. Das ist eben, wie es ist: Für jedes Niveau gibt es die "korrespondierenden" Serien.   

Nicht jeder macht die seinem GD entsprechenden Serien. Manche können das besser als andere bei sonst ungefähr gleicher Spielstärke. Wir alle kennen diesen Typ, der es  "manchmal nicht schafft, einen Punkt auszulassen". Er hat Tage, an denen er wie ein 0.9er auftritt, obwohl er mit 0.65 in der Rangliste steht. Aber vergiss nicht, dass er eben auch oft 0.50 Partien darunter hat, deswegen ist er tatsächlich ein 0.65er!

Lass uns mal zwei Arten von Spielern vergleichen. Ich übertreibe ein bisschen, um klarer zu machen, worum es mir geht. Unser Spieler A hat folgendes auf seinem Partiezettel: 0-1-0-0-0-8-0-1-0-0-0-0. Bei unserem Spieler B – er hat einen anderen Stil - sieht das so aus: 2-0-0-1-0-2-3-0-1-0-1-0. Beide haben 10 Punkte in 12 Aufnahmen; wir können davon ausgehen, dass ihre Spielstärke vergleichbar ist. Was ist der Unterschied?

Wenn es nicht ein isolierter Sonderfall war, sondern ihre übliche Art zu punkten, dann sagt es uns etwas über ihr Spiel. Spieler A muss an seinen Fähigkeiten arbeiten, bei schweren Stellungen die Lösung zu finden. Seine Gegner haben es zu leicht, ihn in die Bredouille zu bringen, ihn zu Fehlern zu zwingen, wenn er abgefahren wird. Wenn er aber die Bälle unter Kontrolle bekommt, dann wird er gefährlich. Die Machbaren macht er, und er spielt es intelligent. Spieler B ist das Gegenteil. Er ist schwer zu verteidigen, du denkst, du hast ihn in Schwierigkeiten gebracht, und er macht weiter Punkte, was auch immer du ihm hinterlässt. Aber dann wird seine Schwäche offenbar: er macht aus guten Positionen zu wenig. Er spielt das Schwere stark und das Leichte relativ schwach.  

Wen soll man beneiden, Spieler A oder Spieler B? Die Antwort hängt von der Spielstärke ab. Wir sollten im Kopf haben, dass Defensive um so wichtiger ist, je niedriger der GD ist. Warum das so ist? Wenn du einen Durchschnitt von 0,666 spielst (40 Punkte in 60 Aufnahmen), dann sind dir die meisten Positionen, die du auf dem Tisch vor dir siehst, von deinem Gegner serviert worden. Wenn du 1.500 spielst (60 Punkte in 40 Aufnahmen), dann bist DU es, der sich die meisten Positionen hingelegt hat. Daher ist im Leben vom gewöhnlichen Fritz der Gegner von entscheidender Bedeutung. In seinem Spiel geht es um die Stellungen, die er vorfindet. Für den  un-gewöhnlichen Frederic geht alles um die Serien, die er selber produzieren kann. 

Fortschritt im Dreiband geht so: Konzentrier dich nicht darauf, den teuflisch schwierigen Ball zu machen und jede Verteidigung mit einem meisterhaften Angriff zu beantworten. Das wird nicht funktionieren, und du hast tausend Dollar investiert, um dreißig Cent zu verdienen. Was funktioniert, ist dies: lerne, wie du deine drei in fünf und wie du deine sechs in zehn verwandelst. Mit anderen Worten: Nimm dir die Zeit und arbeite konsequent daran, die einfachen und die mittelschweren Stellungen richtig zu spielen.  

Das Schöne an einer Dreibandserie ist doch, dass es egal ist, wer da als Gegner auf dem Stuhl sitzt: deine ahnungslose Tante  Susanne oder - furchteinflößend - ein Dani Sánchez: Solange du weiter punktest, macht das keinen Unterschied. Die sitzen da und können nichts tun. Und vergiss nicht: Deine Serie sollte mit solider Defensive enden. Du hast sieben gemacht, er daraufhin sechs? Ich mache jede Wette, dass er sich da besser fühlt als du nach diesem Wechselspiel. Besser, du hättest vier gemacht, und er lässt aus! 

Hier nun ein paar Beispiele aus Begegnungen, die wegen der Serien in Erinnerung bleiben. 

- Eine Siebenerserie ist im internationalen Dreiband nichts Besonderes. Aber fünf davon in einem Match? Zanetti - Caudron in der Europameisterschaft 2017, Endstand 40 - 14 in 11. 

- Ein Spiel wird Steven van Acker aus Belgien nie vergessen: Er besiegt Eddy Leppens mit 50: 20 in 16 Aufnahmen. Seine letzten vier Besuche am Brett wurden auf dem Partiezettel so abgebildet: 12 – 0 – 5 - 19. 

- Es gibt nur ganz wenige, die in einer Partie dreimal 10 oder mehr gemacht haben. Die 10 - 10 - 10 von Burgman und von Leppens. Die 11 - 11- 11 von Sang Lee. Die 10 – 11 - 12 von Forthomme und von Caudron. Die 10 - 10 - 14 von Sánchez und von Zanetti. Einen hab` ich noch: Anno de Kleine aus den Niederlanden schafft gegen Jean van Erp ein 50 in 9 mit einer Eröffnungsserie von 12, einer 16 in der Mitte der Partie und nochmal einer 12, um das Match zu beenden! 

- Blomdahl beim LG + Cup 2017 schlägt  Nguyen mit 40 : 5 in 8; das Finish: 7 – 9 - 18.   

- Zwei–Aufnahmen-Feuerwerke? Gab`s mehr als genug. Ich will nur die mit insgesamt über 30 Punkten erwähnen (und ich bin mir sicher, ich werde nicht alle erwähnen, mein Gedächtnis ist nicht mehr das, was es einmal war). 

Der große Murat Naci Coklu hatte einmal – 2015 - zwei 15er in einem Match.. 

Dick Jaspers macht in einem Match 22 und 10 (gegen Caudron), und verliert! 

Aber in einem anderen, als er gegen Efler Weltrekord mit 4 Aufnahmen bis 40 spielt, da macht er 22 und 11. 

Im Jahr 2000 macht Nelin 22 und 12 und siegt gegen Philipoom mit 50-16 in 11. 

Caudron 2016 gegen Klompenhouwer, 21 und 14, am Ende: 50-12 in 12. 

Noch einer von Jaspers: 2003, als er Horn  mit 50-13 in 12 besiegt, Serien mit 17 und 18. 

Und schließlich Jef Philipoom, der Bart Ceulemans 2013 in großartigem Stil besiegt: 50-15 in 10. Jef beendet das Match mit 17-1-18! Der Welt- und Europameister von 1995 ist ein hochkarätiger Serienspezialist, alles dreht sich bei ihm um die Positionen. In diese Kategorie gehört auch Tayfun Tasdemir aus der Türkei, der bereits mehrere 30+ Serien im Training gemacht hat.

- Wenn ich schon dabei bin, neue Kategorien zu erfinden: Wie wäre es mit dem wunderbaren Match zwischen Jae Ho Cho und Semih Sayginer, das wir vor kurzem gesehen haben? Cho macht von Anfang 10, Sayginer antwortet mit 19.  29 Punkte von zwei Spielern in einer Aufnahme, das ist nun wirklich nicht übel. Aber andererseits ...  im Jahr 2010 in der französischen Liga, da macht Caudron mit 25 aus gegen Martin Spoormans. Und der - erfahrener Schiedsrichter / Dreibandspieler / Snooker-Spieler, der er ist -  macht im Nachstoß  11 Punkte, das sind zusammen 36 in einer Aufnahme, ohne einen auszulassen.

Und da gibt es immer noch unbelehrbare Leute, die halten Dreiband für ein schweres Spiel! Warum bloß?


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Kommentare

tilmo23
tilmo23
Beeindruckend
Es ist eine große Freude, die Artikel von Bert van Manen zu lesen, das sind Aha-Erlebnisse und es gibt tatsächlich einen "Sportsfreund" der den Daumen senkt, unglaublich.
Mijnher van Damen dokumentiert immer wieder mit toller Recherche und Zahlen, was am Tisch für außergewöhnliche Leistungen erbracht werden und wurden, welch taktisches Vermögen, welch tiefes Spielverständnis, welche Nervenkraft und was auch für eine Trainigsdisziplin über viele jahre, vom Talent mal ganz abgesehen. Diesen Menschen zuzuschauen bei Ihrem Spiel ist immer wieder eine großer Motivationsschub.
Nochmals, herzlichen Dank für die Einblicke in Zusammenhänge, bitte weiterhin mehr davon.
tilmo23

Message 1/1 - Veröffentlichen in 26. September 2019 23:28

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