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Billard Karambol - Dreiband - Bert's column (NED)

Die beste Lösung – Umfrage

Gepostet von am 24. Oktober 2017

Die beste Lösung – Umfrage

Kozoom

Von Bert van Manen

Übersetzt von Andreas Volbracht

Bessere Spieler treffen die besseren Entscheidungen? Na klar! Aber wodurch kann man das belegen,  kann man es beweisen? Sogar unter den Topspielern gibt es persönliche Vorlieben, manche Lösungen liegen ihnen, andere mögen sie nicht. Wenn also der Topspieler A und der Topspieler B manchmal verschiedene Lösungen wählen, dann wär‘s schon ganz schön, wenn man auch ihre zweite, dritte und vierte Wahl kennen würde, um wirklich ein Grundmuster ihrer Spielweise zu erkennen. Dann könnten wir wenigstens den Unterschied zwischen der besten und den schlechteren Lösungen beschreiben.

Bist du ein 0.5 Spieler, weil du die richtigen Lösung findest? In anderen Worten: wärest du ein 0.4 Spieler, wenn du nicht so clever wärst? Oder bist du (bloß!) ein 0.5 Spieler, weil du die falschen Lösungen wählst; mit anderen Worten: du könntest 0.6 spielen, wenn deine Entscheidungen nur etwas klüger wären.

Facebook ist der perfekte Ort, um mit einer Frage schnell viele Leute zu erreichen. Ich habe dafür die holländische Facebook Billardseite benutzt, die von Paul Brekelmans in die Welt gesetzt wurde (ein super Angebot für Billardspieler) und meine eigenen Bert`s Billard Page. Innerhalb von zwei Tagen haben mehr als 300 Spieler geantwortet. Vielen Dank für eure Hilfe. 

Die Frage war:

Wenn die Bälle so wie hier auf dem Tisch liegen, was wäre dann deine erste, deine zweite, deine dritte und deine vierte Wahl, den Ball zu spielen. Es geht nicht um eine Fortsetzungsstellung. Das ist der letzte Punkt, der in der Partie noch zu machen ist.

Ich habe die Stellung so gestaltet, dass eine fünfte, sechste oder x-te Lösung in jedem Falle schlechter wäre als die vier Möglichkeiten, die im Folgenden dargestellt werden. Im Übrigen kommt es auf diese weiteren Möglichkeiten gar nicht an. Worum es mir ging, war die Frage: sind die bevorzugten Lösungen der Spieler unterschiedlich und werden die besseren von den Spielern mit den höheren GDs auch tatsächlich gewählt. 

Klar, es gibt die gute Wahl: B und A - in dieser Reihenfolge. Weniger gut sind D und C. Ich war ziemlich sicher, dass eine kleine Gruppe von Topspielern das auch so sehen würde und dass es vielleicht nur darauf ankäme, zu sehen wie viele A und wie viele B präferenzieren würden. Zu meiner Überraschung wurde diese Erwartung nur teilweise bestätigt. Ich habe die das Expertenvotum bekommen, das ich erwartet habe: BADC. Aber mehr, als ich gedacht hatte, haben die Option D gewählt, sogar unter den stärkeren Spielern. Wir betrachten jetzt die vier Positionen im Einzelnen.

Lösung A

Normalerweise würde man den Vorbänder vermeiden. Zwei Vorbanden sind häufig sogar schwieriger als drei. Aber in diesem Falle stehen die Bälle für diesen Zweibänder ziemlich ideal. Der gelbe steht etwa eine Ballbreite von beiden Banden entfernt. Wenn die Entfernung nur etwa ein Drittel einer Ballbreite wäre, dann könnte es einen Doppelkonter geben, wenn Ball Zwei getroffen wird - mit unvorhersehbarem Ergebnis. Der rote Ball ist ein sicheres Ziel, wenn der Spielball vom gelben auf die lange Bande trifft; man kommt nicht um den roten herum mit dem Spielball, und nur mit einem extrem dünnen Treffer auf den gelben könnte man innen vor dem roten den Punkt auslassen. Logischer Schluss: das ist ein leichter  Ball. Wenn du deinen Spielball auf die rechte Hälfte des gelben abrollen lässt, wird sich ein hilfreiches seitliches Effet automatisch entwickeln und Ball drei wird groß und sicher.

Lösung B

Bei der Entscheidung über die beste Option, steckt der Teufel im Detail. In diesem Fall ist der entscheidende Faktor der Abstand zwischen dem gelben Ball und der kurzen Bande. Der liegt ungefähr eine Ballbreite entfernt und damit günstig. Du spielst also den kleinen Zugball: rot-lang-lang-kurz und hast als Ziel einen großen Ball drei. Gib kein Rechtseffet, sonst könnte der Ball nach der zweiten Bande zu gerade werden und dein Ziel schrumpft zusammen. Wenn der Abstand zwischen dem gelben und der kurzen Bande nur ein Drittel einer Ballbreite wäre oder weniger, dann würde ein guter Spieler sehr sorgsam nach anderen, besseren Lösungen suchen. Bei der Stellung, die hier gezeichnet ist, haben sie Lösung B sofort als sicher erkannt.

Lösung C

Ganz offensichtlich ist das die schwierigste von den vier angegebenen Lösungen. Also die, die man bestimmt nicht als erste Wahl hätte nehmen sollen. Der Spielball muss einen weiten Weg zurücklegen und das Effet  muss perfekt auf die Teffdicke an Ball abgestimmt sein. Gewiss: die guten Spieler werden den Ball öfter machen als ihn auslassen. Aber aus guten Gründen würden sie diese Variante nicht wählen. Wäre es vielleicht leichter, wenn man Ball zwei dünner trifft und maximalem Effet gibt? Nach meiner Erfahrung: nein. Das Ausmaß in dem Spielball in der zweiten Bande greift, kann von Tisch zu Tisch sehr unterschiedlich sein.

Lösung D

Wie soll ich es sagen, ohne jemand auf die Füße zu treten? Ich denke, dass viele von den Befragten nicht lange und intensiv genug auf die (grobe) Zeichnung geschaut haben. Besonders in den Gruppen V, W und X haben einige gedacht, dass das ein einfacher Ball ist - dünn auf Rot, um den Tisch rum zu einem großen, dicken Ball drei in der Ecke. Aber die Stellung ist so, dass es mit dünn treffen eben nicht getan ist. Sogar auf einem alten Tuch müsste man so dünn treffen, dass sich der Rote kaum bewegt, um eine echte Chance zu haben. Auf neuem, rutschigem Tuch hast du KEINE. Wenn du D  überhaupt machen willst, muss der Ball schon mit deutlichem Zug gespielt werden, um eine Kurve zu  machen. Eine überraschend hohe Zahl von Befragten hat diese Lösung als ihre Nummer 1 ausgewählt. Die meisten davon hätten erhebliche Probleme, das auch erfolgreich umzusetzen. Du kannst Ball zwei nicht mit viel Zug hauchdünn treffen, denn dann wirst du zu kurz. Du kannst Ball zwei auch nicht viertelvoll treffen, denn dann wirst du zu lang. Der Ball ist eine echte Herausforderung; es braucht viel Wissen, einiges Gefühl und eine bessere Technik als die, die meisten Spieler unter 0.6 in ihrem Arsenal zur Verfügung haben.

Die Expertengruppe bestand aus Eddy Leppens, Jean van Erp, Jef Philipoom, Dave Christiani, Raymond Ceulemans, Roland Forthomme, Peter Ceulemans und Murat Naci Coklu - alle herausragende Spieler und keiner von Ihnen sucht leichtfertig Exotenlösungen. Alle Voten zusammengenommen war ihre Rangfolge: BADC. Genauer gesagt: das zusammengefasste Ergebnis enthielt kleine Vorteile für B, A und D (in dieser Reihenfolge) und eine deutliche Ablehnung für C. Wenn ich für die erste Wahl +2 Punkte vergebe, für die zweite +1, für die dritte –1 und die vierte –2, dann war das Ergebnis (Summe der Punkte für jede der vier Möglichkeiten) in dieser Gruppe: 

B +6, A +5, D + 3, C -14.

Die Gruppe V bestand aus Spielern, die ihren Durchschnitt freimütig mit unter 0.350 angegeben haben (und ein paar Schiedsrichtern, deren Meinungen immer wertvoll sind). 18 Stimmen gab es in der Gruppe V. Ihr Ergebnis war: A -25, B +14, C -12 und D +23. 

In Gruppe W gab es 85 Stimmen von Spielern, die zwischen 0.350 und 0.499 angesiedelt sind. Natürlich konnte ich die tatsächliche Spielstärke dieser Spieler nicht selber überprüfen. Wir müssen uns also auf ihre Angaben verlassen. Sie stimmten wie folgt ab: A -52, B +41, C -46, D +57. 

Gruppe X mit einem Durchschnitt zwischen 0.500-0.649 hatte 77 Stimmen. Sie schreckten vor der Lösung A genauso zurück wie die W-Gruppe, was mich überrascht hat. Ich hatte erwartet, dass die Präferenz für A nach oben gehen würde, deutlich über das Resultat bei der 0.5er-Gruppe. A landet aber bei -51, B +59, C -30 und D +22.

In der Gruppe Y haben wir 55 ziemlich gute Spieler, die sich zwischen 0.650 und 0.799 einschätzen. Deren Abstimmungsergebnis war: A -38, B +34, C -33 und D +37 - also wenig Unterschied zwischen deren zwischen der X- und der Y-Gruppe.

Die Z Kategorie fängt bei 0.800 an. Das waren 32 Spieler. A +/-0, B +32, C -45 und D +13. Hier gibt‘s also die große Verschiebung: die negative Beurteilung des Vorbänders (A) ist verschwunden, und man fängt an, die relative Schwierigkeit der Lösung D zu erkennen.

Ich habe nachträglich eine weitere Kategorie gebildet: die über 1,0 Durchschnitt Spieler, denn es war relativ leicht sie zu identifizieren. Ich habe sie in einer eigenen Gruppe zusammengefasst: ZZ. Diese 15 Stimmen haben folgendermaßen abgestimmt: A -4, B +22, C -18 und D +/-0. Nur zur Erinnerung: die nächsthöhere Gruppe, die Experten, hatte mit A +5, B +6, C -14, und D +3 abgestimmt.

Ungefähr 20 Stimmen waren unvollständig oder aus anderen Gründen unbrauchbar. 

Was lässt sich aus diesen Ergebnissen schließen?

- Unter allen Spielern gab es kaum eine unterschiedliche Beurteilung der Lösungen B und C. B ist zweifellos eine gute Lösung, C ist das nicht. Es ging also hauptsächlich um die Beurteilung von A und D. Bei D bestand die Aufgabe darin, zu erkennen, wie relativ schwer der Ball zu machen ist. Für A war die Aufgabe, zu erkennen, wie relativ leicht der Ball ist. Je stärker die Spieler waren, desto eher haben sie das gesehen.

- Die Entscheidungen der Spieler um 0.575 unterscheiden sich wenig von denen unter den Spielern, die um die 0.425 spielen. Ich denke daher, dass das, was die Spieler mit 0.400 von denen mit 0.500 und was die 0.500er von den 0.600ern unterscheidet, hauptsächlich bei Stand&Stoß, der Technik, beim Treffen zu suchen ist.  Sie werden die meisten Bälle auf die gleiche Weise spielen, nur nicht mit der gleichen Qualität in der Ausführung.

- Experten sind nicht immer einer Meinung. Wenn ich dasselbe noch mal untersuchen wollte, würde ich eine größere Gruppe für die Befragung suchen. Bei einer Gruppe von nur 8, wie bei den befragten Experten, hat ein einzelnes abweichendes Votum zu viel Einfluss auf das Gesamtergebnis.

- Könnte man die Präferenz für D bei den Spielern mit den schwächeren Durchschnitten etwa so erklären: “Sie haben bei der aufgezeichneten Stellung schlicht und einfach nicht erkannt, dass es nicht so einfach ist, den Spielball vom dünn getroffenen Roten um den Tisch laufen zu lassen.“ ?  Das war es wohl! Wenn du das besser erkennst, dann spielst du auch besser. Natürlich kann man die Verhältnisse besser beurteilen, wenn man an einem realen Tisch steht und nicht nur auf eine Zeichnung schaut. Andererseits: Dani zeigt Tayfun mit Gesten mit den Fingern auf der Rückseite seines Smartphones eine Stellung, und der Türke sieht sofort den Konter, der nach 5 Banden droht! Da gibt es ganze  Welten von Wissen und schneller Wahrnehmung, wo sich die „W´s“ von den Experten unterscheiden.

- Bei der Auswahl der besten Lösung geht es immer (oder sollte es immer gehen!) um die Beurteilung der Erfolgschancen. Es ist von entscheidender Bedeutung, die Chancen richtig einzuschätzen. Wenn der Experte die Auswahl zwischen zwei machbaren Bällen hat, würde er sich sofort fragen: “Bei welchem habe ich die besten Chancen auf Fortsetzung?“ Wenn er die Auswahl zwischen zwei schwierigen Bällen hat, wird der starke Spieler den Ball, bei dem seine Chancen bei 13 % liegen, in jedem Falle dem vorziehen, bei dem seine Chancen bei 6 % liegen. Der Amateur sieht nur: hoffnungslos schwierig. Der Profi kennt und erkennt die feinen Unterschiede. 

- Im Billard geht es immer um feine Details. Verschieb´ die Bälle in der Ausgangsposition in der Zeichnung um eine Ballbreite, und jedes Abstimmungsergebnis und jede Expertenmeinung ist Schall und Rauch, und wir können von vorn anfangen. Das genau ist es, was du selbst in einem Dreiband-Match machen musst: du musst jede Position als mindestens geringfügig unterschiedlich gegenüber den Tausenden von ähnlichen Positionen erkennen, die du schon in deinem Billard-Leben auf dem Tisch gesehen hast. Weil das so – nie gleich! - und immer anders ist.

- Schließlich geht es natürlich auch um die Frage, wie man eine Zeichnung “lesen“ kann. Man kann sehr leicht auf falsche Ideen kommen, wenn das Problem, das zu beurteilen ist, von 2,84 cm auf 8 cm verkleinert worden ist. Ich bin mir sicher, dass ein nennenswerter Prozentsatz der Stimmen für die Variante D revidiert worden wäre, wenn die Spieler diese Position auf einem realen Billardtisch vor sich gehabt hätten. Mit ziemlicher Sicherheit hätte es  bei den Voten der besten Acht, den Experten, mehr Übereinstimmung gegeben, wenn sie die Position life auf dem Tisch vor sich gehabt hätten.

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