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Billard Karambol - Dreiband - Bert's column (NED)

Die zweite asiatische Welle

Gepostet von am 28. August 2017

Die zweite asiatische Welle

Kozoom

Autor: Bert van Manen
Übersetzt von Andreas Volbracht

Was ist das erste, das uns in den Sinn kommt, wenn wir an Vietnam denken? Nein, nicht dieser furchtbare Krieg. Das richtige Wort ist - oder sollte es jedenfalls sein: “Optimismus“. 

Das Washington Pew Research Center hat festgestellt, dass Vietnam inzwischen von 177 Ländern auf der Welt das zwölftglücklichste ist; und wenn es nur um die Erwartungen der Menschen für die Zukunft geht, was die ökonomische Entwicklung und die Chancen für ihre Kinder betrifft, dann liegt Vietnam auf Platz 1. Wie toll ist das, wenn man an die jüngere Geschichte dieses Landes denkt!

Der Pew-Report beschreibt die Vietnamesen als pragmatisch, hart arbeitend, freundlich, höflich, kreativ, familienorientiert und mit einem außerordentlichen Sinn für Humor. Ich denke, die Jungs bei Pew haben den Nagel auf den Kopf getroffen. 

Es ist kaum mehr als 10 Jahre her, seit eine nennenswerte Zahl von Koreanern auf der Dreibandbühne erschienen ist. Nun gibt es diese zweite Welle von talentierten Spielern mit den Zungenbrecher-Namen. Ich hatte das Glück, ein paar von davon in New York in Aktion zu sehen – was für ein toller Gewinn für die Weltgemeinde im Dreiband sie sind! 

Wir sollten nicht den Fehler machen zu verallgemeinern und über „die Vietnamesen“ reden, als ob sie alle ähnlich wären. So geht das nicht, sie sind, wie die koreanischen Spieler, sehr unterschiedliche Persönlichkeiten und ziemlich individuell, was ihre Technik betrifft und sogar welche Dessins sie spielen. „Die Koreaner/Türken/Vietnamesen spielen weniger defensiv/mehr defensiv ...“ – alle derartigen Feststellungen stimmen nicht und sind offen gesagt naiv.

Wenn jeder von uns sieht, wie verschieden Caudron, Leppens, Forthomme und Merckx in jeder Beziehung sind, warum meinen wir dann, wir könnten einfach von „den Koreanern“ oder „den Vietnamesen“ reden?

Wir sollten lieber früher als später lernen, sie als Individuen zu betrachten und uns mit ihren Namen vertraut machen. Hier kommen ein paar kurze Porträts, damit man sieht, wer wer ist. Das könnte ganz hilfreich sein, wenn der nächste Weltcup beginnt. Ich fange unten in der Weltrangliste an und es geht los mit …

122. Ly The Vinh ist höchstwahrscheinlich der älteste von den vietnamesischen Spielern. Ein Geburtsdatum habe ich nicht gefunden, aber ich denke, er dürfte Ende 40 sein. 

Er spielt die Weltcups seit 2007 und hatte ein herausragendes Ergebnis: Fünfter in Hurghada 2013, wurde auch Fünfter im Verhoeven Open 2014, wo er das schier Undenkbare schaffte: Er konnte Caudron zweimal schlagen, 30:18 in 10 in der Gruppenphase, dann 40:34 in 20 (19) in der K.O.-Phase. Der Junge kann spielen.


94. Duc Anh Chien Nguyen. Behaltet den jungen Mann im Auge, der kann es weit bringen! Seit 2013 hat er an acht Weltcups teilgenommen; unter die letzten 32 hat er es nur zweimal geschafft, in Porto 2014 und Guri 2016. Aber das Verhoeven Open 2017 sah nach Durchbruch aus: fünfter Platz, 2,602 Generalsdurchschnitt und Siege über Sung Von Choi, Jung Han Heo und Blomdahl. Sehr ruhig und beherrscht für sein Alter … und ein Killerlächeln, wenn er den Siegpunkt gemacht hat.


38. Xuan Cuong Ma. 26 Worldcups gespielt, 13mal im Hauptturnier. Das ist Beweis genug, dass einer gefährlich ist. In Suwon 2011 stand er auf dem Podium mit Bronze. Bei den Asienmeisterschaften 2015 gab`s wieder Bronze. Vielleicht kein zukünftiger Weltmeister, aber wenn er gut drauf ist, kann er die großen Namen schlagen.


34. Dinh Nai Ngo. Er ist seit 2008 dabei, und sein bestes Resultat in einem Weltcup war sein dritter Platz in Guri 2013. Bemerkenswert, dass er auch eine Silbermedaille in einem asienweiten Einbandtournier gewonnen hat. Ngo wurde dieses Jahr in Verhoeven Open Dreizehnter; er ist unauffällig, aber er macht kaum Fehler.


24. Anh Vu Duong ist mit Ly The Vinh einer der älteren Männer, auch wenn er nur 37 Jahre alt ist. Er ist seit Hurghada 2004 dabei und hat es bei 6mal bis unter die letzten 16 geschafft. Viermal war er im Viertelfinale. Ein technisch sehr guter Spieler, der vernünftig spielt, wenig spektakulär, aber effektiv.


22. Minh Can Ma. Der andere Ma, es gibt zwei. 20 Worldcups, 6 Haupttourniere, sein bester Platz war 8. In Ho Chi Minh 20016. Dreizehnter bei der Weltmeisterschaft 2016 in Bordeaux ist auch nichts, für das man sich schämen müsste. Ma hat viele Weltcups gespielt, mit guten Durchschnitten, aber verloren. Mehrere Male mit diesem schmerzhaften Ergebnis 39:40. Ihm kann in Zukunft einiges gelingen.


14. Quyet Chien Tran. In ganz wenigen Jahren hat Tran auf seine Mitspieler nachhaltig Eindruck gemacht. Er war im LG-Cup im letzten Jahr im Finale, war achtmal unter den letzten acht in Weltcups, einmal war er Dritter (Hurghada 2016) und einmal Zweiter hinter Bury (Guri 2016). Tran mag ein schmächtiger Kerl sein, sein Stoß ist wie ein Stich und präzise. Wer erinnert sich an das 40:40 in 18 gegen Torbjörn in Griechenland 2013? Er hat so ein verdammtes Pech gehabt, das nicht zu gewinnen, aber das hat ihn nicht davon abhalten können, einer der großen kommenden Spieler auf der Welt zu werden.


13. Nguyen Quoc Nguyen. Allen gegenwärtig ist seine Niederlage gegen Haeng-Jik im Finale in Porto 2017. Er war Dritter in Ho Chi Minh, Dritter in Guri 2014 und ist ganz schnell einer der bemerkenswertesten und unterhaltsamsten Spieler auf der Tour geworden. Sein Minenspiel und seine Körpersprache unterscheiden sich so sehr von den Pokergesichtern der europäischen Spieler, an die wir uns gewöhnt haben, dass er in jeder Beziehung frischen Wind in die Szene bringt. Sollen seine Kaspereien am Tisch seine Gegner aus dem Spiel bringen? Absolut nicht. Ich garantiere gerne für ihn, er ist hundertprozentig in Ordnung. 


So, das sind acht vietnamesische Spieler, die einiges anrichten können. Es gibt mit Sicherheit 20 weitere, die über 1,2 spielen, und keiner weiß, wie stark sie in fünf Jahren sein werden. Man muss sich nur mal anschauen, was sie für Lösungen für schwierige Bälle finden. Ihr Spiel – wenn sie erstmal fünf Jahre auf der internationalen Bühne hinter sich haben - ist durchgehend effektiver und wesentlich cleverer als mein Spiel nach 30 Saisons. 

Darüber gibt´s nichts zu jammern, im Gegenteil: gute Nachrichten und Aussichten für unseren Sport.

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