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Billard Karambol - Dreiband - Bert's column (NED)

Europas Tage im Dreiband sind gezählt

Gepostet von am 16. August 2017

Europas Tage im Dreiband sind gezählt

Kozoom

Bert van Manen schrieb diese Kolumne in New York. Dort war er unter anderem Teilnehmer bei den Verhoeven Open im Carom Cafe.

Übersetzt wurde der Artikel von Andreas Volbracht

Einer der mental stärksten Dreibandspieler der Welt hat einen schweren Tag. Die Bälle weigern sich einfach, so zu laufen, wie Eddy Merckx es will, und das zeigt sich bis in seine Körpersprache. Er versucht alles gegen Dong Koong Kang, aber er trifft die kleinsten Löcher, findet den Konter, und nicht nur einmal lässt er den Ball auf der „Profiseite“ aus.  Wir haben das alle schon gemacht: einen Ball gespielt, den jeder Amateur zu lang macht, ihn aggressiv angegangen und …  ihn kurz ausgelassen. 

Jung Han Heo hat in Hurghada 2016 schon einen Weltcup gewonnen und ist einer der besten Spieler in Seoul. Er spielt gegen Martin Horn, und der Deutsche zerstückelt ihn. Von der ersten Aufnahme an sitzt der Koreaner hinter Gittern. Er kann nicht punkten und bekommt nur Stellungen, aus denen er noch nicht einmal eine gute Defensive machen kann. Von 11 zu 1 und 18 zu 2 steigert sich das bis zu 31 zu 4. Horn braucht ein paar Aufnahmen zuviel, um aus zu machen: Er gewinnt in 16 Aufnahmen, aber es hätten ebenso gut nur 12 sein können. Heo, ein Weltklassespieler, muss total gefrustet sein.

Dick Jaspers und Torbjörn Blomdahl fechten es sich auf Tisch 8 aus. Wie viele Worldcup-Finale haben sie gespielt? Sie haben 60 Wordcup-Siege auf der Liste, und in den 90er Jahren konnte niemand anderes auch nur an diese beiden tippen. Heute spielen sie ein Trostpreisspiel, und es geht um nicht mehr als eine winzige Differenz im Preisgeld. Der Holländer gewinnt, und beiden Spielern gelingt beim Handschlag gerade mal ein kleines schüchternes Lächeln.

Frederic Coudron hat eine ganze Woche lang überhaupt nichts falsch gemacht. Er gewinnt alle Spiele, spielt 2,234 und sieht sich auf dem Weg ins Halbfinale. Dann spielt er gegen Jae Ho Cho auf dem TV-Tisch und gerät aus den Fugen. 25 in 22, eine Niederlage gegen den elegant spielenden Koreaner, und der große Codron ist aus dem Rennen. 

Wan Young Choi hat sich super geschlagen und wird Zweiter in der Gruppe C, nachdem er nur gegen Caudron verloren hat. Nun geht es gegen Leppens, der in der Gruppenphase außerordentlich stark war (2,211 und 6 Siege). Eine prächtige 11er Serie bringt Choi in Führung, aber Eddy antwortet mit 4 und 3.  Die Partie steht 39 zu 39, und beide Spieler lassen kläglich aus. Eddy bringt sich unter Kontrolle, gewinnt und wird für sein konstant gutes Spiel belohnt. Aber der „andere“ Choi, hat sich in New York einen Namen gemacht. 

Semih muss nicht mehr beweisen, dass er wieder da ist. Dafür hat er mit seinem Halbfinalplatz beim Weltcup in Bordeaux gesorgt. Aber eine Schlusserie von 6 mit einer von ihm selten gezeigten Siegerfaust-Pose zeigen, was der Sieg über Jaspers ihm wert ist. Das war kein glanzvolles Serienspiel, aber die Partie war taktisch und defensiv geprägt. Für Semih war es super, als Sieger daraus hervorzugehen, gerade weil und wenn es mehr um die mentale Seite ging und nicht nur um die Frage, wie wer mit seinem  Queue umgehen kann. 

Der eine Spieler, der offensichtlich über allen schwebt in diesen Tagen, ist Dani. Er hat im letzten Jahr alles gewonnen: einen Weltcup, die World-Games, den Super-Cup, die Weltmeisterschaft und die Nummer 1 in der Weltrangliste. Da gibt es keine zweite Meinung: Sanchez ist der beste Spieler in der Welt. Seine Bilanz bis zum Halbfinale in New York: Er hat 2,165 Durchschnitt gespielt, 6 Partien gespielt, 6 gewonnen. Das ist ziemlich überzeugend. 

Sehen wir da irgendwo eine Wachablösung? Übernehmen die asiatischen Spieler das Ruder?

Noch nicht. In diesem Turnier finden sich mit Leppens, Sanchez und Sayginer drei Europäer unter den letzten vier. Jae Ho Cho ist der einzige Asiate. Alle die starken (oder vielversprechenden) Vietnamesen sind draußen, genauso DKK, Haeng Jik, Sung Won Choi und Heo. Aber wenn man ein bisschen näher hinschaut, dann sieht man, dass das Problem nicht in der Spielstärke der Europäer liegt, sondern in ihrem Alter.

Es gibt niemand in Italien, der Zanetti ersetzen könnte, keinen Schweden, der Blomdahl nachfolgen würde, keinen Holländer, der der nächste Jaspers werden könnte. Sogar die Billardmacht Belgien verlässt sich hauptsächlich auf ihr gegenwärtiges halbes Dutzend an Topspielern, und darunter gibt es keine Jugend. Korea und Vietnam haben offensichtlich ein unerschöpfliches Reservoir an Talenten, und Myung Woo Cho und Duc Anh Chien Nguyen sind gerade mal zwei Beispiele von Spielern, die die Zukunft in ihren Händen halten. Der junge Cho war bei diesem New York-Ereignis nicht dabei, aber ich bin sicher, dass er 2018 oder 19 mit auf der Bühne stehen wird. Der junge Nguyen hat fast ohne internationale Erfahrung 1.591 gespielt, Blomdahl, Sung Won Choi, Jung Han Heo und Sayginer geschlagen. Was ist das für ein Debut! 

Das europäische Dreiband kann vielleicht noch 6 oder 7 Jahre auf seinem fetten Hintern sitzen, das brillante Spiel der FC’s und DS’s genießen und weiterhin nichts für seine Jugend tun. Dann wird das europäische Kartenhaus zusammenbrechen und die Asiaten werden uns über den Haufen rennen, als wären wir gar nicht da. Dreiband geht in eine Zukunft voller Chois, Nguyens, Parks, Kims, Trans und Kangs. Sie sind schon soo stark … und werden garantiert noch besser.

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Kommentare

Billardsportarena
Billardsportarena
ETWAS DAGEGEN TUN UND NICHT ZUSCHAUEN!!!
Lieber Bert,

Du hast das absolut richtig erkannt. Aber ich bin der Meinung wir sollten nicht nur zuschauen sondern so rasch als möglich handeln.

Ich war schon einige Male in Südkorea und habe dabei ein paar Besonderheiten festgestellt die dort in der Billardszene Usus sind und in Europa anders laufen:

>>> Dreiband ist ein Einzelsport:
Außer einer interessanten Doppelvariante die ähnlich dem Scotch Double gespielt wird und die ich bei einer Schulmeisterschaft in Seoul gesehen habe, habe ich bisher nichts von einer Mannschaftsmeisterschaft ähnlich den Ligen in Europa bemerkt. In Europa wird in der Regel der größte Teil des Vereinsbudgets in den Ligabetrieb investiert und da meistens noch für 2 Legionäre die nur zu den Heimspielen im eigenen Verein zu sehen sind. 4 Spieler im Verein sind WICHTIG (eigentlich nur 2 Mitglieder, wenn man die 2 Legionäre abzieht), die anderen 50 oder mehr Mitglieder finden kaum Beachtung.

>>> Billardspielen hat in Südkorea einen realen Preis:
Das Billardspielen hat einen realistischen Preis. In Deutschland gibt es Vereine die ihren Mitgliedern um 30 Euro oder weniger pro Monat eine Flat Rate anbieten. Damit lässt sich ein ordentlicher Spielbetrieb nicht finanzieren. Auf der anderen Seite höre ich immer wieder, dass es kein Budget für Nachwuchsarbeit gibt. Aber wen wundert es, dass da nichts mehr für Jugendarbeit und für die Modernisierung des Vereins übrig bleibt.

>>> Motivation und Ansporn für junge Leute:
In Südkorea geht man Billardspielen und der Verlierer bezahlt. Darüber wird nicht einmal vorher geredet, das ist einfach normal. Wenn der Unterschied in der Spielstärke zu groß ist als dass der schwächere Spieler eine reelle Chance hat zu gewinnen, dann wird mit einem Handycap gespielt, wobei dann eben auch der Unterlegene bezahlt. Dadurch wird man angespornt zu trainieren und besser zu werden, denn keiner möchte immer bezahlen.

>>> Nachwuchsarbeit, Schulsport:
Immer wieder frage ich, ob Vereine Nachwuchsarbeit betreiben, insbesondere ob es eine Zusammenarbeit mit Schulen, Jugend-und Freizeiteinrichtungen der Städte oder Länder gibt. Die Antwort: Dafür haben wir weder Zeit noch Geld.

>>> Falsche Verteilung des Budgets:
Aus den oben erwähnten Punkten ergibt sich meine Meinung über die falsche Verwendung des vorhanden Budget. Da gäbe es dringenden Bedarf nachzudenken und vieles zu Ändern.
- Nicht dass man den Ligabetrieb unbedingt aufgeben sollte, es soll nur der Aufwand dafür in Relation stehen.
- Bemühungen um Nachwuchsarbeit und Werbung für Billard als Breitensport, denn wo keine Breite vorhanden ist dort wird es auch um die Spitze nicht gut bestellt sein.
- Bemühungen um Billard als Schulsport.
- Den Spielern klar machen, dass Billard einen realen Preis hat. Damit könnten die Trainingsbedingungen verbessert werden und das Budget im Allgemeinen verbessert werden, damit endlich etwas für die Nachwuchsarbeit übrig bleibt.
_________________________________________

Im Übrigen wüsste ich da ein paar Dinge die enorm zur Verbesserung der Trainingsmöglichkeiten, der höheren Frequenz an internationalen Turnierteilnahmen und vor Allem der Steigerung des Interesses für die Jugend für unseren Sport beitragen würde. Wenn man die Dinge beim Namen nennt, dann wird in bestimmten Fällen leider vermutet, dass man Werbung betreiben möchte, deshalb halte ich mich ausnahmsweise zurück.

Damit niemand behaupten kann, dass ich nur rede und nicht entsprechend handle, halte ich fest, dass wir in Innsbruck Taten setzen und wöchentlich 2 bis 3 Schulklassen im Club haben. Zusätzlich organisieren wir Veranstaltungen für Schüler in den Ferien (Ferienzug), Kurse für das Universitäts Sport Institut, Kindergeburtstage usw, usw ......

Noch etwas zu der enormen Verschwendung von Ressoucen für den Ligabetrieb:
Ich habe eine Statistik für die Deutsche Dreiband Bundesliga erstellt. Jeder Interessierte kann sich bei mir melden, wenn ihn diese Statistik interessiert.

Message 1/1 - Veröffentlichen in 17. August 2017 12:27 - Edited at 20. August 2017 20:59

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