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Billard Karambol - Dreiband - Bert's column (NED)

Chaos!

Gepostet von am 18. Dezember 2019

Chaos!

Kozoom

Kolumne von Bert van Manen

Übersetzt von Andreas Volbracht

Wenn heute einer behauptet, dass im internationalen Dreiband 2019 Ergebnisse kaum vorhersagbar sind ...  dann hat er untertrieben. Kein Experte auf der der Welt kann sagen, was nächste Woche im Dreiband geschieht. Wenn in einer Weltmeisterschaft oder einem WeltCup das Teilnehmerfeld auf 32 geschrumpft ist, dann sind unter den 32 mindestens 20, die an einem guten Tag 40 Punkte in 16 Aufnahmen machen können. Zwei gute Serien, ein oder zwei günstige Stellungen reichen, und das Match kann entschieden sein. Eh du dich´s versiehst, hat eine Nummer 40-plus aus der Weltrangliste den Top-10-Spieler aus dem Turnier geworfen. Da gibt es eine Dynamik, die man im Tennis und im Golf gewöhnt ist. Für uns ist das neu.

Es ist nicht unbedingt die Spielstärke bei den allerbesten in unserem Sport, die sich so entwickelt hat. Schon vor zwanzig Jahren hatte Blomdahl über 2.00 GD in den Ligaspielen erreicht. OK, Jaspers und Caudron spielen jetzt auf noch höherem Level, aber nicht viel besser. Es ist die zweite Reihe aus dem Peloton, das die Spitze angreift;  den Unterschied in der Spielstärke haben sie fast wettgemacht, die Lücke schließt sich. 

Daher wird niemand mehr regelmäßig gewinnen. Keiner kann dominieren. Dreiband hat in den letzten zehn Jahren eine Revolution erlebt, das hat die Denkweise der Top-Spieler dramatisch verändert. In den neunziger Jahren hieß der Sieger normalerweise Blomdahl. In den siebziger Jahren war es Ceulemans, der fast immer gewann. Heutzutage gewinnt die Nummer eins auf der Welt KEIN Turnier mehr „normalerweise“ oder „fast immer“, sondern „gelegentlich“ EIN Turnier. Du kannst der Beste sein und musst damit leben, dass du jede Saison 20 oder 25 Mal geschlagen wirst. 

Nur im vergangenen Herbst haben wir (zu Recht) unser Loblied auf einen schier unbesiegbaren Eddy Merckx gesungen. Der siegte im Survival in Istanbul, gewann den WeltCup in Seoul und die Verhoeven Open in New York. Auch jetzt gibt´s an seinem Spiel nichts auszusetzen, aber die Siegerstraße hat er verlassen.

Gibt es einen, der in diesem Jahr bessere GDs abgeliefert hat als Jae Ho Cho?  Dieser koreanische Spieler hat 2019 sein ohnehin schon wunderbar elegantes Spiel auf ein neues Level gehoben. Im Seoul Survival  hatte er einen Turnierdurchschnitt von über 2,6 und im LG + Cup wieder 2,6, nahe am Weltrekord beide Male. Keines der beiden Events hat er damit gewinnen können. 

Gibt es im Turnierzirkus einen mit einer konstanteren Performance als Marco Zanetti? Hat er jemals einen "total vermasselten Tag auf Arbeit"? Der Italiener liefert immer zuverlässig ab! In Sharm El Sheikh hatte er vor dem letzten Tag DREI Spiele über 3.000 auf der Liste. Ich wette, dass er in JEDEM Großereignis mindestens das Viertelfinale erreicht. Und doch war sein letzter Weltcup-Sieg vor Sharm El Sheikh 2014! 

Das sind nur drei Beispiele von Topspielern, die sich auf dem Höhepunkt ihrer Karriere befinden und doch weit entfernt davon, in ihrem Metier zu dominieren. Keine Ausnahme? Nein. Nicht einmal Jaspers und Caudron sind immun gegen die ständigen Angriffe der talentierten Koreaner, Vietnamesen und Türken aus dem Verfolgerfeld (dazu die Griechen, Franzosen und Spanier). Frédéric gewann 2019 eines der neuen fünf PBA-Events, schied jedoch in den anderen unerwartet früh aus. Jaspers hat 2019 eine ähnliche Erfolgsbilanz: Er verlor seinen 2018er WM-Titel, gewann einen WeltCup, schaffte es aber in keinem der nächsten fünf WeltCups auch nur ins Viertelfinale. Erst im siebten und letzten WC in Ägypten ist wieder fast ganz oben und verliert erst im Finale gegen Zanetti.

Was haben wir? Chaos ... und das kann Spaß machen. Es kann aber auch die wahre Hackordnung im Dreiband bis zur Unkenntlichkeit verschleiern, die ehrliche ELO-Bewertung wie im Schach gibt es nicht. Am Ende wollen wir doch wissen, wer der Beste ist. Ein bisschen Glück, wie der Ball hier und da ausläuft, das spielt eine allzu große Rolle. Kurze Distanzen bevorteilen die schwächeren Spieler, lange Distanzen die stärkeren. Deshalb begrüße ich die Änderung, die nächstes Jahr in Kraft treten wird: Spiele bis 50 bei Weltmeisterschaften und WeltCups von Beginn der KO-Phase an. 10 Punkte mehr, das erscheint wenig (aber sind 20% mehr nicht doch ... viel mehr?). Jedenfalls wird es den besten Spielern zugutekommen, für die anderen wird es der Härtetest auf dem Weg nach oben sein. Und schließlich eröffnet es den Spielern bessere Chancen, (sehr) große Serien zu machen. Wollen wir nicht alle endlich die „29“ sehen?

Für eine Weile war dies meine letzte Kolumne. Ich mache Pause, will meine Batterien aufladen, und dann mache ich mich an die Arbeit an meinem zweiten Buch. Sechs Monate, vielleicht zwölf. Bis dahin: Danke für die vielen freundlichen E-Mails, die guten Kommentare und die interessanten Fragen, die ich seit 2015 erhalten habe. 

Was für einen wunderbaren Sport wir haben, mit so vielen tollen Leuten! 

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