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Das Dilemma der deutschen Weltcupstarter

Gepostet von am 27. Oktober 2019

Das Dilemma der deutschen Weltcupstarter

© Kozoom

KOZOOM - Man kann davon ausgehen, dass der deutsche Billardfan von den Leistungen der internationalen Top-Liga im Weltcup begeistert ist und voller Freude das internationale Geschehen verfolgt. Der Weltcup in Veghel zeigte in den vergangenen Tagen erneut, auf welchem brutal hohem Level sich der Dreibandsport befindet. Eine 40 Punkte Partie ist keine eintönige Veranstaltung, sondern entwickelt sich ganz oft zu einer spannungsgeladenen Demonstration aller Facetten unseren schönen Sports. Was ist schon ein 20 Punkte Vorsprung in der Mitte eines Matches, wenn dieser innerhalb von 5 Aufnahmen egalisiert wird. Wie faszinierend ist es mit anzuschauen, wenn die Topstars ihre hohen Serien aufbauen, oder punktgenaue Verteidigung demonstrieren, die den Durchschnittsspieler zu Wutausbrüchen verleiten würden. All dies ist der beeindruckende Alltag im internationalen Billardsport und so langsam gelingt es , diesen Sport auch zu verkaufen. Eurosport 2 und Ziggo Sport sind abseits der alltäglichen Übertragungen in Korea der Beginn des Einzugs in das TV-Sportprogramm. 

Doch wo bleiben die Deutschen?

Die deutschen Spieler stecken im internationalen Dreiband in einem Dilemma. Martin Horn hat in seiner Karriere zwei Weltcups gewonnen und sich nach seinem Weltcup-Comeback nun wieder bis auf Platz 12 der Weltrangliste nach oben gekämpft. Ein Ausnahmespieler, werden die meisten sagen, und es stimmt natürlich. Martin Horn ist das Aushängeschild unseres Sports und kaum zu ersetzen. Doch stimmt das wirklich? 

Es scheint so. Abgesehen von Horn spielen die deutschen Spieler keine Rolle im internationalen Geschäft. 2018 schaffte es Dustin Jäschke in die Hauptrunde des Weltcups in Blankenberge, schied dann gegen Dick Jaspers sofort aus. Es war seine erste Hauptrundenteilnahme nach 3 Jahren, in denen er jeden Weltcup spielt. In diesem Jahr scheiterte er bei allen fünf Turnieren in der Qualifikation. Ronny Lindemann’s Bilanz ist nicht anders. Er spielt seine zweite komplette Weltcupsaison, in Veghel damit seinen 12 Weltcup in Folge. Die Hauptrunde fand bisher aber ohne ihn statt. Der deutsche Meister Cengiz Karaca, die jungen Spieler Tom Löwe, Tobias Bouerdick, Lukas Stamm, alle sind für einen Tagessieg oder auch zwei gut. Die Hauptrunde bleibt ein bislang unerreichter Traum. 

Sind das Spieler, die keine Ahnung vom Dreiband haben? Nein, natürlich nicht. Alle beweisen ständig, dass sie in Deutschland zu den Besten der Besten gehören. Sie verfügen über genau die Fähigkeiten, die auch die internationalen Spieler, sagen wir mal, jenseits der Top20 haben. Nur eben nicht bei ihren Weltcupeinsätzen. 

Ursache?

Der deutsche Billardsport ist wie die meisten anderen Sportarten hierzulande ein Vereinssport. Das bedeutet, es findet sich eine Gruppe, die wird größer und irgendwann möchte man vielleicht auch sportlich voran kommen. Beim Billard beginnt man dann für eine Liga zu melden. Es gibt Talente, die werden gefördert und dann wird gesagt: „Wenn Du fleißig übst, dann darfst Du in der ersten Mannschaft spielen.“. Sponsoren werden gefunden und dann gibt es vielleicht eine höhere Liga und man kann Legionäre aus Holland bezahlen. Und tatsächlich, dass vielgelobte Talent schafft es in die erste Mannschaft, wird gehegt und gepflegt und die „Alten“ im Verein sind so stolz auf ihren Jungen. Doch der will weiter, spielt nun auch in Holland und genau so gut. Dann kommt der erste Weltcup und es wird eine Enttäuschung. OK, kein Problem. Dann der Zweite, der Dritte und wieder nix. Die „Alten“ machen ihm Mut, aber wissen selbst nicht weiter? Und dann gibt es schnell die ersten Erklärungen, wie: Das ist was ganz anderes im Weltcup. 

Kennt jemand den Begriff „Helikopter-Eltern“? Eltern, die ihre Kinder mit Liebe und Zuneigung überhäufen und sie vor allem Bösem beschützen wollen und damit auch vor jeder Niederlage und Enttäuschung, die aber zwangsläufig kommen werden. In den Vereinen geschieht genau das. In der Bundesliga gibt es ein liebenswertes Umfeld, alles ist bestens organisiert und am Ende stimmt auch die Leistung. Beispiel: Torbjörn Blomdahl, schon fast eine Legende, spielte in Holland und Deutschland zuletzt gegen Ronny Lindemann, Dustin Jäschke und Andreas Niehaus. Er gewann keine Partie. Gegen Lindemann und Niehaus reichte es nur zum Remis, Jäschke gewann sogar gegen den Schweden. In Magdeburg ist man stolz auf Dick Jaspers, doch für den Niederländer ist die Bundesliga nur ein Training unter Wettkampfbedingungen. Richtig wichtig sind für ihn ausschließlich die Einzelturniere. 

Was ist so falsch daran, wenn Vereine auf den Ligabetrieb setzen? Gar nichts! Das ist die Basis, es sind die ersten Stufen auf dem Weg nach oben. Aber es bleibt dabei, Billard ist eine Einzelsportart und keine Mannschaftssportart. 

Erst in der Einsamkeit eines Turniers, in den ersten unbedeutenden Runden, in denen sich keiner für den anderen interessiert und wenn man dann plötzlich gegen einen völlig unbekannten 0,8 Spieler in Rückstand gerät. Erst dann zeigt sich die wahre Klasse.

Lösung!

Was kann nun die Lösung aus dieser Situation sein. Zunächst ist es kein reines deutsches Problem. In Holland und in Belgien scheint es nicht anders zu sein. Holland hat den Weltstar Dick Jaspers und dann? Belgien hat etwas mehr zu bieten. Frederic Caudron, der vielleicht irgendwann wieder zurück kommen wird, Eddy Merckx, Eddy Leppens und Roland Forthomme. Und dann? Wieviele holländische und belgische Spieler haben aus der Qualifikation heraus eine Hauptrunde beim Weltcup erreicht? 

Um es gleich vorweg zu nehmen. Die Vereine sind nicht Teil der Lösung, denn sie halten den Billardsport ohnehin schon am leben. Mit viel Engagement schaffen die Vereine ein Umfeld, in dem sich überhaupt Freude, Leidenschaft und Erfolg entwickeln kann.

Die Lösung liegt auf Seiten des Verbandes. Der nationalen Sportförderung ist es völlig egal, ob Deutschland eine starke Bundesliga hat. Dort weiß man, dass Billard eine Einzelsportart ist und deshalb wird nach internationalen Topplatzierungen bewertet. Um in deren Reichweite zu gelangen, ist es dringend erforderlich mehr Einzelturniere zu veranstalten. Das Belgien und Holland ähnliche Probleme haben, wäre es naheliegend einen gemeinsamen Plan zu entwerfen und umzusetzen. Wie wäre es, wenn Deutschland, Belgien und Holland eine kleine Turnierserie veranstalten. Das kann man sicherlich schaffen. Man könnte mit drei Turnieren pro Jahr beginnen. Eines in jedem Land. Die drei Erstplatzierten erhalten ein Jahr die Weltcups finanziert. 

Es gibt Vorrunden in jedem Land und eine Endrunde mit 30 Spielern an einem Wochenende. 10 aus jedem Land. Es gibt unzählige Möglichkeiten, etwas wirklich attraktives zu veranstalten. Der Erfolg wird nicht ausbleiben. 

Eines steht aber auch fest! Macht man nichts, dann werden wir wohl noch weiter auf deutsche Erfolge bei Weltcups warten, uns aber immerhin über eine starke Bundesliga freuen. Das ist dann alles!

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Kommentare

echrudolph
echrudolph
Falsche Berichterstattung
Ronny Lindemann hat nicht wie berichtet die letzten 12 Weltcup-Turniere in Folge mitgespielt, sondern nur die letzten 5. Davor hat er 6 mal garnicht teilgenommen!!! Wenn man über die teils mäßigen Erfolge unserer Spieler schreibt sollte man schon die Fakten kennen.

Message 1/3 - Veröffentlichen in 28. Oktober 2019 13:17

maxho1971@gmail.com
maxho1971@gmail.com
Ursache !
Ich finde Markus' Ausführungen übertrieben und zu kritisch. Es ist zwar wahr, dass wir international etwas hinterher hinken (meine letzten Auftritte in Viersen trugen auch nicht grade dazu bei!), aber man muss auch zugeben, dass das Dreibandspiel sich im letzten Jahrzehnt rasant entwickelt hat und andere Nationen (Spieler) einfach richtig gut und besser geworden sind. Länder wie Korea , Vietnam, haben eine deutlich größere Breite und können leichter somit Spieler von 1,5Gd und höher rekrutieren.

Meiner Meinung nach haben wir auch in Deutschland super Spieler mit diesem Potential, welches aber nur dann abgerufen werden kann, wenn man Billard als "Beruf" und professionell ausübt. Ich war glückerlicherweise seit eh her in der Lage, Billard professionell auszuüben (schon damals zu Bundeswehrzeiten und heute als Full-Time-Job), ich denke, dass es mir auch nur deswegen gelingen konnte, mich auch international gut zu bewähren.

Ich ziehe meinen Hut vor den Lindemanns, Jäschkes, Dömers, Stamms, Niehaus', Karacas, Fings', Gallas, um nur einige zu nennen..., die alle einem geregelten 40-Std-Job nachgehen und trotzdem auf ganz hohem Niveau Dreiband performen können (ICH mit einem "normalen" Beruf würde wahrscheinlich nicht annähernd so gut spielen können). Das ist aus meiner Sicht der Hauptgrund, dass es schwierig oder nahezu unmöglich ist, einen Level von 1,5Gd und höher zu erzielen, bitte vergesst das nicht !!!

Unsere starke Bundesliga und alle Lehrgangsmaßnahmen der DBU können nur begleitend unsere Spieler stärker machen, aber solange diese Jungs den Dreiband-Sport nicht als Profis ausüben können, stelle ich mich schützend vor Ihnen und verurteile jegliche Kritik von aussen !

Message 2/3 - Veröffentlichen in 30. Oktober 2019 15:04

Klappi
Klappi
Dilemma
Bei allen hier eingebrachten Statistiken wäre es doch auch mal hilfreich, eine Aufstellung der 24 oder 48 besten Weltcupspieler zu machen - mit ihrem Profi oder Amateurstatus ! Dann würde man sehr schnell Martin Horn`s Aussage bestätigen. Damit würden natürlich auch Markus Schönhoff`s Aussagen an Wert verlieren....

Veröffentlichen in 30. Oktober 2019 16:08

Markus
Markus
Kritik! An wem?
Ich stimme Martin Horn in seinen meisten Aussagen zu. Warum auch nicht, denn ich habe keine Spieler kritisiert, sondern einzig den Verband.

Die genannten Spieler tun ihr Bestes, da bin ich sicher. Jedoch bin ich davon überzeugt, dass Liga und Lehrgänge kein ausreichender Beitrag für eine erfolgreiche Weltcupkarriere ist. Das ist das Dilemma, von dem ich spreche. Bisher konnte mich noch niemand vom Gegenteil überzeugen.

Zu Klappi: Wenn das so ist, wie von Dir beschrieben, was wäre dann das Ergebnis? Müssen wir demnach uns damit (und auch die Spieler) zufrieden geben, hintere Plätze zu belegen? Das würde den Geldgebern (Verband, Bund) glaube ich nicht gut gefallen. Der Bund als Geldgeber verlangt vordere Plätze und eine entsprechende Leistungs-Entwicklung.

Ich will auch nochmal meinen Vorschlag ins Spiel bringen. Ich denke schon, dass dies kein rein deutsches Problem ist, sondern Holland und Belgien ganz genau so betrifft. Etwas gemeinsam zu versuchen, wäre vielleicht ein Ansatz, über den man nachdenken könnte, oder?
Markus

Message 3/3 - Veröffentlichen in 31. Oktober 2019 11:56

Klappi
Klappi
Dilemma
@Markus
Ich denke, das Problem ist insofern nicht zu lösen, da in diesem Sport Amateure und Profis unter unterschiedlichen Voraussetzungen gegeneinander antreten müssen. Das hatte Martin ja schon angedeutet.

Ich habe 40 Jahre einen anderen Sport betrieben, in welchem ich auch an WC und Weltmeisterschaften für Deutschland antreten durfte. Natürlich haben wir uns darüber geärgert wenn andere Teilnehmer den gesamten Tag trainieren konnten und wir dann genau gegen eben jene verloren haben. Aber sorry, wir hätten doch auch den gleichen Weg einschlagen können und "Profis" werden können, mit höherem Erfolg aber eventuell beruflichen und sozialen Ängsten.

Vielleicht reichen dem ein-oder anderen deutschen WC-Teilnehmer auch seine Erfolge völlig aus neben der beruflichen Tätigkeit. Wenn Du natürlich erfolgreich damit Geld verdienen willst -und musst, neben dem sportlichen Ehrgeiz, dann musst du Martin`s Weg einschlagen. Aber das werden nunmal nicht alle schaffen...

Veröffentlichen in 31. Oktober 2019 12:35

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