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Billard Karambol - Dreiband - Bert's column (NED)

Gerade noch ein paar Jährchen, Europa

Gepostet von am 5. Juni 2018

Gerade noch ein paar Jährchen, Europa

Kozoom

Kolumne von Bert van Manen

Übersetzt von Andreas Volbracht

Wenn ich Dreibandpartien anschaue, dann ist mir in rund 50% der Fälle egal, wer gewinnt. In den anderen 50%, wenn ich für einen der beiden Spieler die Daumen drücke, gibt´s verschiedene Gründe, die mich Partei ergreifen lassen. Manchmal hat der eine Spieler alles Pech der Welt und der andere kriegt mehr Chancen, als er verdient. Oder ein Spieler benimmt sich am Tisch vorbildlich sportlich und der andere nicht. Und (um ganz ehrlich zu sein), es gibt ein paar Top-Spieler, die sind persönliche Freunde von mir, da bin ich hilflos: ich hoffe, die gewinnen.  

Das Einzige, was für mich mit Sicherheit keine Rolle spielt, ist die Frage, aus welchem Land einer kommt. Ich weiß nicht, wie du dazu stehst, aber mein Interesse an der Nationalität liegt absolut bei NULL. Ich mag den Letten genauso wie den Haitianer oder den Waliser, und wenn ein Dreibandtalent aus Tadschikistan auftaucht, dann wünsche ich ihm (oder ihr) gerne jedes erdenkliche Glück. Ich bin fest davon überzeugt, dass alle Verallgemeinerungen über "Spieler aus Land X oder Y" völliger Quatsch sind. Nicht alle Koreaner haben eine ausgefeilte Technik, nicht alle Türken sind halbe Artisten, nicht alle Deutschen haben die Siegermentalität, und so könnte man alle durchgehen. In Wirklichkeit ist es so: jeder Dreibandspieler ist eine einmalige Mischung aus Fähigkeiten und Schwächen, und das hat nichts damit zu tun, was auf seinem Reisepass steht. 

Am letzten Wochenende gab es drei vietnamesische Spieler im Halbfinale bei einem WeltCup, und dieser WeltCup hatte am Ende einen vietnamesischen Gewinner. Das bringt dich ins Grübeln, auch wenn dir Nationalitäten egal sind. Alle in unserer kleinen Billardwelt haben, dass der Schwerpunkt des Sports sich nach Osten bewegt. Ja, wir haben dieses formidable halbe Dutzend (Blomdahl, Caudron, Jaspers, Merckx, Sánchez, Zanetti, und die sind immer noch die besten auf Welt), aber sie sind Mitte Vierzig bis Ende Fünfzig. Dreißig, vierzig Spieler aus Korea und Vietnam klopfen an der Tür, und die sind zwischen Zwanzig und Vierzig.   

WC-Teilnehmer nach Land

Zu eurer Unterhaltung (und um meine eigene Neugier zu befriedigen) habe ich mir 172 WeltCup Hauptrunden genauer angesehen ... nach Nationalität. Um so etwas wie ein Gesamtbild von der Entwicklung zu bekommen, habe ich die WeltCup-Geschichte in Dreijahresabschnitte geteilt. Wenn man die Übersicht interpretieren will, sollte man Folgendes im Kopf haben::

- Die Zahlen hinter den Ländern sind "Spieler im Hauptturnier". Es gibt drei Wege, wie sie dort hingekommen sind: sie waren gesetzt, sie haben die Qualifikationsrunden überlebt oder sie haben eine Wildcard bekommen. 

- Gesetzte: Schweden und Italien gehören offensichtlich in keinem der drei Zeiträume zu den stärksten Dreibandnationen. Schweden ist zu 85% Blomdahl und Italien ist zu 98% Zanetti. 

- Ägypten verdankt mehr als die Hälfte seiner 61 Punkte den Wildcards für Hurghada und Luxor. Dennoch sollten wir nicht sagen: "Diesen Ägyptern wird es leicht gemacht". Stattdessen sollten wir sagen: "Ach, gäbe es doch mehr Länder wie Ägypten, die in einem Zeitraum von 13 Jahren 18 Weltcups organisieren."    

Was ins Auge springt, wenn du vom ersten zum zweiten Abschnitt gehst:

- Der spektakuläre Aufstieg der Türkei von 62 auf 180 Teilnehmer. Semih wurde 1993/1994 berühmt und er hat für die Türkei  im Billard das hervorgebracht, was Björn Borg für Schweden im Tennis gebracht hat. 

- Das Verschwinden Frankreichs von der Weltbühne. In der ersten Periode als Land im Mittelfeld, in der zweiten praktisch verschwunden. Hoffentlich können Barbeillon, Melnytschenko, Panaia, Tachoire den Schaden reparieren.

- Die Entwicklung von Griechenland zu einer bedeutenden Dreibandnation. (... wenn sie mit Namen doch nur „Papa“ und „Kasi“ und „Poly“ hießen, das würde mir das Leben so viel einfacher machen).

Was du siehst, wenn du Abschnitt zwei mit Abschnitt drei vergleichst:

- Der Sprung, den Korea gemacht hat, ist atemberaubend, von 63 auf 362 WeltCup Teilnehmer. Kein Land in der WeltCup-Geschichte war je so dominant.

- Ein beeindruckender Newcomer: Vietnam. Denken wir an den "Björn Borg-Effekt": Tausende, wenn nicht Zehntausende vietnamesische Kinder haben in dieser Woche gesehen, wie Quyet Chien Tran 16.000 Euro gewonnen hat. Das durchschnittliche monatliche Einkommen in Ho-Chi-Minh-Stadt beträgt 148 Euro. Das ist die Sorte Inspiration, die Boxtalente aus Kuba oder Langstreckenläufer aus Äthiopien hervorgebracht hat. Ein Weg nach oben, ein Ausweg. 

- Der Einbruch der Niederlande. Zweiter Platz im ersten Abschnitt, zweiter Platz im zweiten. Und im dritten? Nimm Jaspers raus, und die Niederlande sind kaum noch auf der Liste. 

- Wenn du bemerkt hast, dass die Summen im dritten Abschnitt viel höher sind, ist das korrekt. Im Jahr 2002 gab es überhaupt keinen WeltCup, 2003 gab es nur einen; die Zahl pro Jahr ist von 4 auf 6 oder 7 gestiegen. 

Wie sieht mein Diagramm aus, wenn ich eines Tages die Zahlen für 2019 - 2029 hinzugefügt haben werde? Ich denke, zwei oder drei von den europäischen Ländern werden weg sein aus den Top 12. Aber wir werden Kolumbien auf dem siebten Platz sehen, und direkt hinter auf dem achten Newcomer China! Immer noch an der Spitze: Südkorea. Vietnam zweite, Türkei dritte, Belgien vierte. 

Aber da unten auf Platz 13, da rührt sich noch was: Tadschikistan. Alles aus eigener Kraft zustande gebracht, was für ein großes Talent sie doch ist, die unbekannte Newcomerin! 

 

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