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Gibt´s in Veghel wieder ein nervenzerfetzendes Finale?

Gepostet von am 9. November 2021

Gibt´s in Veghel wieder ein nervenzerfetzendes Finale?

kozoom

Von Bert VAN MANEN on November 4, 2021

Übersetzt von Andreas Volbracht

Die Vorstellung, wie Du Dich fühlst, wenn Du gerade in einem Dreiband WeltCup als Sieger vom Tisch gehst, ist ziemlich klar und einfach. Wo soll das Problem sein, wenn Du gerade gewonnen hast. Dein Kopf platzt vor Freude, du willst alle umarmen, singen, tanzen, die Interviews erledigen, und dann werden wohl noch ein oder zwei oder zwölf Getränke durch Deine trockene Kehle fließen. Aber wie fühlt es sich an, wenn Du es in starken Partien bis ins Finale geschafft hast  und da … gescheitert bist? Oder schlimmer noch, wie fühlt sich das an, von einem WeltCup mit leeren Händen und einem einzigen Punkt nach Hause zu schleichen? Ihr werdet es mir glauben, weil Ihr es alle kennt: Dieser unser Sport hat mehr Zutaten im Menu als Können, Selbstvertrauen, Jubel und Preisgelder. Das gibt´s nun mal nicht ohne Zutaten,  die heißen Frustration und Enttäuschung bis zum Selbsthass und grausame Qual. Wenn Du die Hitze und die Schärfe der Zutaten nicht ertragen kannst, dann ist da kein Platz für Dich in der Dreiband-Küche.

Hier präsentiere ich zwölf Spieler, an deren Kopf die Kugel knapp vorbeigeschrammt ist und zwölf andere Spieler, die wahrscheinlich noch tagelang einen bestimmten Ball im Kopf nachgespielt haben.     

1986 - Berlin. Fünfter Satz: 15-14. Der Sieger ist Egidio Vieira aus Portugal, uns aus seinen Jahren in Frankreich als "Vierat" in Erinnerung. Zweiter: Raymond Ceulemans. Das war ein Schock, denn RC war in jedem Turnier, wo er dabei war,  der große Favorit. Berlin 86 sollte der einzige WC-Sieg für den Mann mit dem Basecap bleiben.  

1990 - Berlin. Der fünfte Satz geht aus mit 15-14. Sieger: Ludo Dielis. Zweiter: Torbjörn Blomdahl. Es war der zweite WeltCup-Sieg für den Belgier und süße Rache für das Finale von "Yokohama" ein paar Monate zuvor, wo TB ihn mit 4:0 zerstückelt hatte. (4:0 ist richtig, denn 1989 wurde im Finale auf 4 Gewinnsätze gespielt.)  

1991 - Seoul. Mit 15-14 im fünften Satz heißt  der Gewinner Raymond Ceulemans. Der Zweitplatzierte: Yoshihiko Mano aus Japan. Unglaublich, aber wahr: RC spielte im Finale unter 1,00 Durchschnitt (0,966)! Mano muss es das Herz gebrochen haben; er hat das Turnier seines Lebens gespielt, Jaspers und Blomdahl auf dem Weg ins Finale besiegt und dann dieser eine Punkt, der ihm fehlt  im entscheidenden Satz nach 21 (!) Aufnahmen. 

1994 - Oosterhout. Fünfter Satz 15-14. Sieger wird Christoph Pilss aus Österreich, der leider allzu früh gestorben und nicht mehr unter uns ist. Zweiter wird Torbjörn Blomdahl, der über das gesamte Turnier 2.250 GD erreicht, während Pilss 1.380 für den Gesamtsieg gereicht haben. Nacheinander hatte er Ceulemans, Sang Lee und Blomdahl besiegt. Das war schon etwas besonders Besonderes. Pilss blieb wie Vieira ein Einmal-Sieger. 

1998 - Korfu. Nach 15-14 im fünften Satz heißt der Gewinner: Dick Jaspers. Der Zweitplatzierte: Jorge Theriaga aus Portugal. Der portugiesische Professor war klarer Außenseiter, aber seine defensiven Fähigkeiten waren legendär. DJ war mit Sicherheit erleichtert, als er die Ziellinie mit 15:14 überquert hatte.

1999 - Kemer. 15-14 am Ende des fünften Satzes. Der Gewinner: Torbjörn Blomdahl. Zweiter: Sang Chun Lee. TBs Weg zum Sieg hätte nicht viel härter sein können: Zanetti, Jaspers, Sang Lee. Mit 2.056 GD über das Turnier war er der Mann, der das  Feld überragte, und er konnte seiner langen Liste von Erfolgen einen verdienten WeltCup Sieg hinzufügen.

1999 - Oosterhout. 15-14 im fünften Satz und der Gewinner ist Dick Jaspers. Der Zweitplatzierte auch hier: Jorge Theriaga. Da hat DJ einen weiteren Nagel in einen portugiesischen Sarg gehämmert. Ich war dabei und werde es nie vergessen. Sang Lee hätte den Gesamtweltcup für das Jahr gewonnen, wenn Theriaga den 15. gemacht hätte. Hat er aber nicht. Dick hat es geschafft, und er hat  damit 1999 sowohl "Oosterhout" als auch den Gesamtweltcup gewonnen.   

2000 - Bogotá. 15-14 im fünften und letzten Satz. Der Sieger: Semih Sayginer mit seinem dritten WeltCup Sieg. Der Zweitplatzierte: Torbjörn Blomdahl. Das war das dritte Mal in seiner Karriere, dass er ein WC-Finale so knapp, wie es nur möglich ist, verloren hat. Kein Grund zum Mitleid mit „Torbjörn dem Großen“: Er hat immerhin 44 dieser Events gewonnen, weit mehr als jeder andere. Ein Rekord, der höchstwahrscheinlich nie gebrochen wird.  

2014 - Porto. 40-39 als Endergebnis. Gewinner: Dick Jaspers. Sein dritter WC-Sieg mit dem kleinstmöglichen Vorsprung! Zweiter wird Roland Forthomme. Jaspers war zu Beginn des Turniers gerade nochmal davongekommen, indem er das shoot-out nach Gleichstand am Ende der Partie gegen Quyet Chien Tran mit 9-4 gewann. Forthomme hatte Caudron, Poly, Coklu geschlagen und ein Superevent mit einem GD von 1.826 beendet. 

2018 - Ho-Chi-Minh-Stadt. 40-39 das Endergebnis. Der Gewinner vor eigenem Publikum in Vietnam Quyet Chien Tran. Als Zweitplatzierter ein weiteres vietnamesisches Supertalent, Ngo Dinh Nai. Zum Glück kann man dieses Match jederzeit auf YouTube bewundern. Es ist mit Sicherheit eines der besten Spiele aller Zeiten, ohne Frage unter den Top-10. In dieser einen Woche entwickelte sich Vietnam zu einer führenden Dreiband-Nation. Was für ein Gewinn für die Billardwelt! 

2018 - La Baule. Endstand: 40-39. Der Sieger: Positionsspiel-Spezialist Martin Horn, sein zweiter WeltCupsieg (2.020 GD). Als Zweitplatzierter war Jae Ho Cho mit einem GD von 1.970fast genauso stark. Das Spielniveau in La Baule war phänomenal, die letzten 32 Spieler spielten insgesamt 1.732 als GD. Poly, Tasdemir, Bury, Caudron, Jaspers: alle über 2 Durchschnitt.   

Und das allerengste Ergebnis gab´s  hier:

2014 - Istanbul. 40-40 am Ende der Finalpartie, da musste der WeltCup im Elfmeterschießen entschieden werden. Der Sieger: Jae Ho Cho aus Korea. Der Zweite: Sung Won Choi aus Korea. JHC besiegte seinen Landsmann mit 3:2 im shoot-out. Wie oft kommt es vor, dass wir drei Spieler aus einem Land auf dem Podium sehen? Kyoung Roul Kim und Merckx hießen die Verlierer im Halbfinale, "Istanbul" war also  fast vollständig in koreanischer Hand. Belgien und die Niederlande sind die einzigen anderen Länder, die jemals drei Spieler unter den letzten 4 in einem WeltCup hatten.  

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Kommentare

tilmo23
tilmo23
Wunderbar Historisches..
Immer wieder eine große Freude, den spannenden und psychogisch interessanten Ausführungen des Herrn van Manen zu folgen. Seine Datenbank und Archive scheinen unerschöpflich zu sein. Vielleicht doch nochmal ein Buch?
Herzliche Grüße an alle
Tilmo23

Message 1/1 - Veröffentlichen in 9. November 2021 10:57

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