Am kommenden Mittwoch, den 13.Juli um 14:00 Uhr Ortszeit (07:00 Uhr Deutsche Zeit) bestreitet Martin Horn sein Auftaktmatch bei den World Games 2022 im US-amerikanischen Birmingham. Torbjörn Blomdahl heisst der Gegner für den Deutschen, der das vielleicht erfolgreichste Jahr seiner Karriere erlebt. 

Im Dezember gewann Martin Horn in Sharm-El Sheikh sensationell Bronze bei der Einzel Weltmeisterschaft und stellte ganz nebenbei auch noch zwei Weltbestleistungen auf. Im Viertelfinale besiegte er in 12 Aufnahmen und 4,166 Durchschnitt Tayfun Tasdemir und begann das Match mit einer 20er Serie. Bei der Team-WM in Viersen gab es Bronze für das Deutsche Team Horn/Lindemann. Eine lange Durststrecke ohne Medaille endete damit. Und zu guter letzt holte sich Martin Horn bei der Europameisterschaft in Holland wieder den Dritten Platz. Innerhalb von 6 Monaten stand der Deutsche Meister damit dreimal auf einem internationalen Podest und will dies nun in Birmingham fortsetzen. „Eine Medaille bei den World Games ist mein großer Traum.“ 

Der Deutsche ist in den letzten 5 Jahren weiter gereift. Er arbeitet weiterhin hart an seiner Form, macht sich Gedanken um das Spiel und versucht jeden nur erdenklichen Fehler auszumerzen. Dreimal Bronze bedeutet für Martin Horn auch drei verlorene Halbfinals und er hat auch gleich eine Lösung parat: „Ich muß an meinem Killerinstinkt arbeiten.“ 

KOZOOM hatte kurz vor seiner Abreise nach Birmingham die Gelegenheit zu einem Interview mit dem besten deutschen Spieler. In seinen Antworten spürt man seine Bescheidenheit, aber auch sein Selbstbewusstsein, gepaart mit dem Respekt vor dem Sport und den Gegnern. 

KOZOOM/MARKUS SCHÖNHOFF - Wir haben Mitte des Jahres 2022. Zeit für ein Fazit. Ist es zutreffend, dass es das erfolgreichste Jahr in der Karriere bis jetzt ist? Wenn man die WM im Dezember dazu nimmt, waren es 3 internationale Bronzemedaillen in 6 Monaten. 

MARTIN HORN - Die 3 Bronzemedaillen auf diesem Niveau machen mich sehr stolz und waren jeweils auch hochverdient erspielt.  Dazu war ich in den 3 Top-Ligen jeweils im Finale, in Frankreich wurden wir Meister, in der Bundesliga und auch in Holland leider nur knapp Zweiter! Es war sicherlich eine erfolgreiche Saison, in der mich auch noch zu guter Letzt für die World Games qualifizieren konnte, ein besonderer Bonus. Dennoch wünsche ich mir insgesamt mehr Konstanz in meinem Spiel. Im Weltcup habe ich noch zu oft Probleme in den Gruppenspielen und wenn es dann mal läuft, dann fehlt das i-Tüpfelchen, sprich mal ein Finale oder gar ein Sieg, ich bleibe immer noch hungrig auf den ganz großen Wurf.

Es fehlt(e) mir in den entscheidenen Momenten der Killer-Instinkt, daran muss ich arbeiten. Von daher bin ich sehr selbstkritisch,  auch wenn mir bewußt ist, daß es absolut nicht leicht ist, international auf dem Podium zu stehen.

KOZOOM/MS - Mit Ronny und Cengiz gibt es in diesem Jahr seit langem auch zwei weitere Deutsche Spieler mit Erfolg und auch die anderen Deutschen Nationalspieler sind auf einem guten Weg. Ist da vielleicht auch der Druck etwas weg, wenn man weiß, dass auch die Kollegen Deutschland erfolgreich vertreten?

MARTIN HORN - Natürlich freue ich mich riesig, dass Billard-Deutschland sich international wieder sehen lassen kann. Ronny und Cengiz haben bei der Team-EM ein Riesenturnier gespielt und auch Lukas Stamm und Tom Löwe sind nun Top100 im Worldranking.

Aber unabhängig davon ist immer Druck da, egal ob ich in der Bundesliga spiele in Erlangen oder ein Halbfinale bei einer WM. Der Schlüssel ist es, den Druck rauszunehmen und einfach bei jedem Spiel Spaß zu empfinden und das Spiel zu genießen, das gelingt mir immer mehr! Der ehemalige Schwimm-Star Michael Groß wurde mal gefragt, wie er auch im Wettkampf diese Topleistungen immer wieder abrufen kann, als er antwortete, dass er auch unter Druck dasselbe mache wie immer, er mache nichts besonderes, er schwimme einfach nur wie immer ! Für uns sollte das bedeuten, einfach nur Bälle zu machen, so wie im Training, so auch im Spiel, Punkt für Punkt, manchmal kann es so simpel sein.....

KOZOOM/MS - Mit den World Games steht nun vielleicht der Höhepunkt des Jahres auf dem Plan. Was hast Du Dir vorgenommen und welche Bedeutung hat dieses Turnier für Dich?

MARTIN HORN - Bei "quasi Olympia" für sein Land zu starten muss für einen Sportler das Größte sein und genau das empfinde ich auch so. Der Weg, sich dafür zu qualifizieren, war enorm hart und die allein die Teilnahme macht mich sehr stolz. Das wird eine Riesensache nächste Woche in Birmingham.

Ich möchte Deutschland dort würdig vertreten und unseren  Erfolgsweg weiter fortsetzen. Ich der ersten Runde spiele ich gegen Torbjörn Blomdahl, mein Trainingspartner, Mentor, Kumpel und Freund, dem ich viel zu verdanken habe. Es wird ein 50/50 Spiel und ich werde gut vorbereitet ins Match gehen. Sollte ich die Sieg-Chance bekommen, werde ich sie nutzen, ich freue mich sehr auf den Vergleich auf dieser großen Bühne. Eine Medaille bei den World Games wäre ein Kindheitstraum und ich glaube an meine Stärke.

KOZOOM/MS - Wieviel Anteil am Erfolg hat der neue Bundestrainer Christian Rudolph und die leistungssportliche Förderung durch die DBU?

Die DBU hat diesen Weg vor 4 Jahren eingeschlagen und inzwischen ernten wir die ersten Früchte mit unseren Erfolgen und 5 Sportlern unter den Top100 der Weltrangliste.

MARTIN HORN - Mich hat das Konzept damals überzeugt und Helmut Biermann, Nico Proboszcz und Frank Willner begleiten uns kompetent auf diesem Weg. Es ist eine vertrauengsvolle Ebene entstanden und es macht Spaß ein Teil davon zu sein !

Christian Rudolph macht hervorragende Arbeit, aber das war mir von vorne herein klar, deswegen hatte ich mich auch für ihn eingesetzt als neuen Bundestrainer. Er ist einer von uns und weiss, aufgrund seiner Erfolge und seines großen Wissens, wo der Hase lang läuft. Er kann jeden von uns jeden Tag ein bisschen besser machen.

Dennoch möchte ich nicht unerwähnt lassen, daß sein Vorgänger Wolfgang Zenkner den Weg dazu geebnet und vorbereitet hat, auch von ihm konnte ich immer wieder Kleinigkeiten dazu lernen ! Auch Jürgen Kühl führt den Nachwuchskader langsam heran und insbesondere mit Amir Ibrahimov  hat Deutschland wohl eines der größten Talente in Europa, das sind insgesamt mittel- und langfristig schöne Aussichten für die DBU !

Der jüngste Erfolg für den Deutschen Meister. Bronze bei der EM in Holland

KOZOOM/MS - Dein Terminplan ist schon wieder gut gefüllt. Fast wie in Vor-Corona-Zeiten. Wie hast Du persönlich die beiden Jahre Corona erlebt und wie hast Du sie genutzt, um jetzt so erfolgreich zu sein?

MARTIN HORN - Ich habe auch während der Pandemie trainiert wie immer. Ich konnte an vielen Dingen arbeiten, insbesondere an meinen Schwächen, es war Zeit und Ruhe vorhanden, ohne den Wettkampf-Druck! Ich habe dann auch die Möglichkeit gefunden, auf neue Oberteile umzustellen, Luna Nera von Longoni, eine fantastische Innovation, mein Spiel wurde dadurch insgesamt stabiler.

KOZOOM/MS - Wie sieht für Dich der Plan für das zweite Halbjahr 2022 aus?

MARTIN HORN - Ich möchte in Zukunft gut selektieren, wann, wo und mit wem ich spiele. Ich werde mich auf die Weltcups in Korea, Veghel und Sharm El Sheik gut vorbereiten und freu mich auf das Highlight, die WM in Korea. Dort wiederum auf dem Podium zu stehen würde mir gefallen und das motiviert mich, noch intensiver zu trainieren! Im November möchte ich in Bad Wildungen meinen nationalen Dreiband-Titel verteidigen, auch wenns jedes Jahr schwieriger wird, die Jungs werden immer besser, da muss ich immer am Limit spielen !

Ab September gehen die nationalen Ligen wieder los, u.a. in Holland, Frankreich und Österreich. Dort werde ich zu einigen Einsätzen kommen, ich freue mich immer wieder auf die vielen hochkarätigen Gegner.

Ach ja, die Bundesliga geht ja auch irgendwann wieder los. Hier hätte ich mit International Berlin gerne öfters gespielt wie vielleicht nur einmal im Monat ein Doppelspieltag. Ich finde es nach wie vor schade, und auch unverständlich, dass wir nur noch eine Achterstaffel haben und von daher nur auf 14 Spiele in 9 Monaten kommen. Die beste Liga der Welt wird dadurch leider abgewertet, keiner kann das eigentlich wollen. Leider sind wir Spieler/Vereine dazu nicht befragt worden, aber ich glaube dass nahezu alle Bundesliga-Akteure gerne mehr gespielt hätten.  Genug aber dieser Kritik, zumindest wird der nationale Teampokal wieder im traditionellen Modus gespielt, was ich sehr begrüße!

KOZOOM/MS - Eine Frage an Dich als Tip für alle, die sich auf die neue Saison vorbereiten. Seit einiger Zeit spielst Du nun mit Carbon-Oberteil. Kannst Du den Lesern beschreiben, was der wichtigste Unterschied zu Holz ist und wieviel Zeit man sich nehmen sollte, wenn man einen Umstieg plant?

MARTIN HORN - Mit Carbon bzw Graphit (Longoni) spüre ich mehr Kontrolle im Treffverhalten, grade mit viel Effet ist die Abweichung geringer. Dazu erziele ich mehr Wirkung bei Zugbällen und Nachläufern, was grade meiner Technik zugute kommt. Entscheidend ist aber auch, welches Leder man spielt. Hier bin ich grade etwas am experimentieren und stelle auf härtere Leder um, das Treffen auf große Distanz wird dadurch leichter (für mich).

Insgesamt sollte sich man ein paar Monate geben für die Umstellung von Holz auf Carbon, die Sommerpause eignet sich hervorragend dazu. Aber es kann sich lohnen, weil ich denke dass man bis zu 20% an Leistungsstärke dazu gewinnen kann, vorausgesetzt man trainiert fleißig und lernt das neue Oberteil zu verstehen.

KOZOOM/MS - Alle Deine Fans wünschen Dir viel Erfolg in Birmingham und für den Rest des Jahres